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Thailand - Asien

Sieben Wochen in Thailand

Ruhiges Landleben am Mekong

Si Chiang Mai vom Dach des Tim Guesthouse
Si Chiang Mai vom Dach des Tim Guesthouse
Abend am Mekong, durch Nebel des Flusses scheinen die Lichter von Vientiane

Si Chiang Mai

Um das ekelhafte Erlebnis zu verdrängen, wollte ich den Nong Khai schnell verlassen und so nahm ich am gleichen Tag einen Bus nach Si Chiang Mai, wo ich im Tim Guesthouse abstieg.
Si Chiang Mai ist eine kleine Stadt bzw. ein großes Dorf und liegt direkt gegenüber der laotischen Hauptstadt Vientiane. Die Hoffnung der Einwohner beruhte darauf, daß angeblich eine Brücke nach Laos geplant war. Jedoch stand noch nicht fest, wo diese Brücke gebaut werden sollte. Durch seine Lage rechnete sich Si Chiang Mai beste Chancen als Brückenstandort aus, und die Immobilienpreise waren drastisch gestiegen. Vom Dach meines Gästehauses, das ein junger Schweizer bewirtschaftete, hatte man eine eine gute Sicht auf das Mekongufer und die Vororte von Vientiane.
Viel konnte man in dem ländlichen Ort nicht unternehmen. Neben dem Guesthouse hatte ein junger frankophoner Schweizer aus Lausanne, der eine Thai geheiratet hatte, ein Restaurant gepachtet.
Im Gastraum saß er bei seiner Frau und lernte die Landessprache. Er wollte im Land bleiben und meinte, bei den meisten anderen müsste die Frau die Sprache ihres Partners lernen, bei ihm sei es umgekehrt.
Zwei Dorfpolizisten kehrten bei ihnen ein um zu essen und gingen dann ohne Bezahlung wieder. So etwas hatte ich schon bei meinem ersten Thailandaufenthalt beobachtet, und der Lausanner bestätigte mir, daß Polizisten in den Restaurants niemals bezahlten, das sei so üblich, weil die Beamten so schlecht bezahlt würden. Doch verdienten z. B. die bei der Bevölkerung hochangesehenen Lehrer auch nicht mehr Geld und ich konnte nie beobachten, daß andere Staatsangestellte auch nicht bezahlt hätten.
Etwa die Hälfte meiner Mahlzeiten nahm ich bei dem Lausanner, die andere Hälfte im Restaurant meines Gästehauses ein. Dieses beherbergte fünf oder sechs Gäste, somit also alle Touristen von Si Chiang Mai.

Eine davon war eine ältere Abgeordnete eines Parlaments in Mittelschweden, das etwa den Rang eines deutschen Landtags hatte und sie sprach sogar Deutsch. Sie reiste in Begleitung eines jungen Engländers, der ebenfalls unsere Sprache beherrschte. Wir redeten eines Abends lange über unsere Erfahrungen in Thailand. Sie schien durch ein anderes Land gereist zu sein. Überall wurde sie mit ausgesuchter Höflichkeit behandelt, besuchte Schulen und andere Einrichtungen und verkehrte mit Honoratioren.
Ich hatte von Politikern noch nie eine hohe Meinung und machte aus meinem Herzen keine Mördergrube, doch zum ersten Mal spürte ich fast so etwas wie Mitleid für ihre Blindheit.
Sie war ziemlich entsetzt über meine Erfahrung mit den kindlichen Prostituierten in Nong Khai, was mich nicht wunderte, steckte mir dieses Erlebnis doch selbst noch in den Knochen.
Wir kamen auch allgemein auf die Prostitution und Kinderarbeit in Thailand zu sprechen.
Zur Prostitution klärte ich sie auf, daß diese überall in Thailand weit verbreitet war, nicht nur dort wo die Touristen waren, wie sie glaubte. Das gehöre hier dazu und ich sei mir sicher, daß sogar in so einem kleinen Ort wie Si Chiang Mai ein Bordell existiere. Dagegen sei auch nichts zu sagen, solange es um erwachsene Frauen ging, die aus freiem Willen handelten.
Sie wandte ein, weshalb es denn dann keinen solchen Service für Frauen gebe, worauf ich lachend erwiderte, da sei sie in Thailand eben am falschen Platz, ich wisse zwar nicht wie das in Schweden sei, aber unsere Weiber würden dafür nach Jamaika fliegen.
Zur Kinderarbeit bzw. der Tatsache, daß in Thailand Kinder an Arbeitgeber verkauft wurden, äußerte sie ihr völliges Unverständnis, wie es möglich sei, daß Eltern ihre eigenen Kinder verkaufen können.
„Das ist sehr einfach, sehr viele dieser Kinder kommen gerade von hier, aus der ärmsten Provinz Thailands, dem Isaan. Viele der Kleinbauern haben so kleine Felder, daß sie von der Hand in den Mund leben. Tritt jetzt ein Unglück ein, zum Beispiel der Vater oder die Mutter wird schwer krank, bleibt nur die Möglichkeit, entweder ein Stück des eh schon zu geringen Landes zu verkaufen, von dem sie alle leben, oder aber sie verkaufen eines ihrer vielen Kinder, um das Geld für die Behandlung aufzubringen. Dazu kommt, daß die Käufer das Blaue vom Himmel versprechen, die Kinder hätten nur leichte Hilfstätigkeiten zu verrichten und Not macht gläubig. Oder aber sie müssen durch Mißernten Schulden machen und haben keine andere Möglichkeit ihre Schulden zurückzuzahlen.“
„Aber ich verstehe nicht, weshalb da die Politik nicht einschreitet!“
„Auch das ist sehr einfach, die örtlichen Politiker sind tief in diese Geschäfte verstrickt, sie haben nicht das geringste Interesse daran, daß sich die Verhältnisse ändern!“
„Woher weißt du das alles?“
„Nun, ich bin nicht das erste Mal in Thailand und habe natürlich, wie man es immer tun sollte, vorher einige Bücher über mein Reiseland gelesen“ grinste ich nicht ohne Spott.

Si Chiang Mai

Die Nachmittage verbrachte ich mit Gesprächen vor dem Gästehaus und wir genossen die ländliche ruhige Atmosphäre des Ortes am Mekong.
Zwischen dem Schweizer Restaurant und meinem Gästehaus befand sich ein Kaufladen, unter den Warenregalen hatte sich eine Katzenmutter mit ihren drei Jungen einquartiert. Mir war übrigens schon öfter aufgefallen, daß fast alle Katzen ganz normale Schwänze hatten. Bei meinem letzten Besuch vor 12 Jahren bekam man nur höchst selten eine Katze zu Gesicht, deren Schwanz nicht abgehackt war. Dies geschah damals in dem Aberglauben, dann würden die Tiere bessere Mäusefänger. Anscheinend hatte zwischenzeitlich eine Tierschutzkampagne stattgefunden um den Katzen dieses für die Kommunikation wichtige Körperteil zu erhalten.
Ich wollte eines der Jungen hervorholen, doch bei diesem Versuch versenkte das Miststück seine vier spitzen Eckzähne tief in das Fleisch zwischen dem Daumen und dem Zeigefinger meiner rechten Hand.
Auf der anderen Straßenseite war eine Stromleitung so niedrig über dem Gehsteig gespannt, daß ein hochgewachsener Europäer diese mit der Hand hätte erreichen können.
Die Ortsverwaltung hatte, wie öfters in dieser ländlichen Provinz, einen Nachtwächter angestellt. Am späten Abend begann dieser Mann mit dem Fahrrad durch die Straßen zu radeln und an bestimmten Plätzen durch Schläge mit einer Stahlstange an Stromgittermasten oder sonstige metallene Gegenstände die Zahl der Nachtstunden zu verkünden, um damit anzuzeigen, daß alles in Ordnung sei. Nicht zum Schutz gegen Diebe, sondern zum Schutz vor dem Feuer gab es diese Einrichtung, denn fast alle Häuser in den Dörfern waren aus Holz errichtet.
In der englischsprachigen Zeitung, die mit einem Tag Verzögerung aus Bangkok kam, stand zu lesen, daß über dem gebirgigen Norden des Landes eine Kältewelle hereingebrochen war, die Temperaturen fielen stellenweise auf 6° Celsius und einige Obdachlose seien bereits erfroren.

Am Abend nach dem Gespräch mit der Abgeordneten nahm ich mein Nachtmahl im Schweizer Restaurant ein, in der es außer einigen wenigen europäischen Gerichten natürlich auch Thaiküche gab, und trank dann noch ein Bier. Der junge Engländer kam dann ebenfalls noch herüber, um auch etwas zu trinken. Er hatte ein ganz besonderes Anliegen.
„Hast du das ernst gemeint, daß es hier in Si Chiang Mai ein Bordell gibt?“
„Na ja, ich denke schon, doch fragen wir den Schweizer!“
Es gab sogar deren zwei im Ort.
Jetzt fragte mich der Engländer, ob ich mit ihm zusammen die Etablissements besichtigen wolle, doch ich lehnte ab, mein Bedarf war gedeckt.
Er ließ jedoch nicht locker, er hätte so etwas noch nie gesehen, in Thailand gewesen zu sein ohne auch nur einmal so etwas besichtigt zu haben, was er denn da zu Hause seinen Freunden erzählen solle... So ließ ich mich schließlich von seiner Überredungskunst breitschlagen und erkundigte mich, was das für Häuser seien. Der Schweizer, dem ich meine Geschichte natürlich auch schon erzählt hatte, fragte seine Frau, denn er selbst war dort noch nie gewesen. Diese meinte, daß das ganz normale Bordelle waren, mit erwachsenen Frauen, so etwas wie in Nong Khai war hier undenkbar.
Also ließen wir uns den Weg beschreiben und besuchten die Häuser. Es war schon etwa 21 Uhr und man machte im ersten bereits Feierabend, denn auf dem Land ging man früh zu Bett. So besichtigten wir nur das Gebäude und besuchten dann das zweite Bordell. Hier schlief man sogar schon, doch eine alte Frau war noch wach und rief sogleich bei unserem Eintritt etwas in den Nebenraum. Ich winkte ab, wir wollten wieder gehen, doch schon kam eine Frau Mitte Zwanzig gähnend und verschlafen aus diesem Zimmer. Es war mir peinlich, die Frau aus reiner Schaulust umsonst geweckt zu haben – doch wirklich umsonst?
Der Engländer druckste herum, er wollte hier bleiben. Also doch nicht nur die reine Neugier, sieh an, sieh an – ich hatte den nützlichen Idioten abgegeben!
Der Schweizer fragte mich, wo denn mein Kamerad sei, als ich nochmal ein Bier bestellte.
„Der verspätet sich etwas!“
Wissend grinste das Paar, vermutlich über mich und meine Naivität.

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